Über mich

Ergänzend zum Blogeinstieg finden Sie hier etwas zu meinem beruflichen Werdegang und was ich aktuell unternehme. Ich arbeite heute als Weiterentwicklungs-Coach, Trainerin und Facilitator. Ein wichtiger Schwerpunkt für mich ist das Thema Führung. Ich habe verschiedene Führungskräfte erleben dürfen. Und aus dem Erfahrungsgedanken heraus spezialisiere ich mich heute auf Menschen, die zum Beispiel aufgrund ihrer hervorragenden fachlichen Leistung in eine Führungsstelle kamen. Die Anforderungen steigen und ändern sich. Ein oder zwei Jahre sind dann ein guter Zeitpunkt zum Reflektieren.

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Spannung in der U-Bahn

Stuttgart hat ein sehr gutes U-Bahn-Netz. Wobei es eher eine Stadtbahn ist, weil viel oberirdisch gefahren wird. Zum Vorteil der Fahrgäste, da lässt sich einiges von der Stadt sehen. Die Bahn nutze ich gern, da mich die Linie direkt zum Bahnhof fährt und ich die Haltestelle in 4 Minuten ohne Hektik erreiche. Während dieser Fahrten entstehen erzählwürdige Ereignisse, so wie dieses:

Das Innenabteil einer U-Bahn ist in der Regel in Vierer-Sitzgruppen eingeteilt. Bis auf die eine am Eingang des Wagens. Hier wird ein Sitz weggelassen zum Abstellen für einen Kinderwagen, Gehilfe oder großes Gepäck und um daneben Platz zu nehmen. Es wird fairerweise erwartet, dass dieser Platz frei bleibt oder im Falle die Fahrgäste ohne Gepäck einen anderen Sitzplatz nehmen.

Als ich einstieg, saß ein großer und stämmiger Mann etwa Anfang sechzig allein in dem Dreierbereich am Gang. Er schaute über seine Maske hinweg etwas grimmig und füllte den Sitz und Bereich mit seinen langen Beinen gut aus, so dass für einen größeren Gegenstand kaum mehr Platz war. Körperlich machte er sonst einen normalen Eindruck und in der Hand hielt er eine kleine Plastiktüte. Ein jüngerer Mann saß in der Vierergruppe über den Gang gleich neben ihm. In die gleiche Fahrtrichtung blickend und schaute immer wieder hinüber. Im Bereich der Türen standen einige Fahrgäste. Ich saß hinter den beiden Männern in einer Vierer-Gruppe.

Fühlen Sie die Spannung in der Luft?

Während der Fahrt entwickelte sich gefühlt eine seltsame Atmosphäre zwischen den beiden Männern. Und als eine junge Frau mit Kinderwagen einstieg und im Gang stehen blieb, veränderte sich die ‚Luft‘ zusehends. Denn der Mann im Dreierbereich blieb sitzen und veränderte seine Sitzposition nicht und sah nach einem kurzen Augenkontakt weg von der Frau. Die junge Frau suchte sich unter den anderen stehenden Fahrgästen ihren Platz. Sah sich etwas verlegen um und arrangierte sich mit dem Platzangebot.

Kennen Sie so einen Moment, in dem die Spannung in der Luft spürbar ist? So einer war es: das Seil war kurz vorm Zerreißen. Ich richtete mir ein paar Worte im Kopf für eine Frage zurecht und in dem Moment sprach der junge Mann seinen Sitznachbarn am Gang an.

„Entschuldigen Sie, der Platz ist für Kinderwägen vorgesehen. Währen Sie so freundlich und geben der jungen Frau mit dem Kinderwagen Ihren Platz?“

Der jungen Frau war es sichtlich unangenehm. Der große Mann schaute den jungen Mann an, sagte dann: „Das geht nicht.“

Au backe!

Der junge Mann freundlich bleibend meinte: „Der Raum ist so eng und für den Kinderwagen wäre hier Platz.“ Und lächelt die Frau an.

Der große Mann schaut hinüber: „Ich kann nicht.“ Und er überlegt einen kleinen Moment. „Jetzt nicht, ich muss warten.“

Pause. Und dann:

„Für einen Platzwechsel muss die Bahn stehen, sonst falle ich hin. Ich kann nicht gut gehen.“

Dann schaut er zur jungen Frau: „Also ich steh auf, wenn die Bahn steht und wechsle den Platz.“ Sie antwortet: „Das ist in Ordnung. Danke.“

Der junge Mann sagt: „Das wusste ich nicht. Vielen Dank, dass Sie Platz machen. Es geht mir darum, dass wir darüber reden und ich will das freundlich machen. So geht es uns allen gut dabei.“

Daraus entstand ein weiteres kurzes Gespräch zwischen den Beteiligten. Und die Anspannung löste sich förmlich in ein Nichts auf.

Situationen sind vielschichtig

Ich zog meinen innerlichen Hut vor dem jungen Mann für diese beispielhafte Lösung. Und freute mich auch über die Bereitschaft des älteren Herrn, sich auf eine andere Lösung einzulassen.

In diesem Ereignis traten fremde Menschen in eine Beziehung zueinander. In diesem Ereignis lässt ich einiges entdecken. Meine erneute Einsicht ist: Die Dinge sind anders als sie auf den ersten Blick scheinen.

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